Die Verbindung von Gespräch und Diskussion gepaart mit aussagekräftigen und live vorgetragenen Songs des Singer- / Songwriters Reidar Jensen sowie der Moderation des Journalisten und Musikers Axel Engels macht den Reiz der Veranstaltungsreihe „Kultur trifft Kirche“ in der Emsdettener Martin-Luther-Kirche aus. Auch die Lichtgestaltung von Frederic Schröder trägt ihren Teil zur besonderen Atmosphäre dieser Veranstaltungen bei.
Zu jedem Themenabend haben Pfarrer Rainer Schröder, Reidar Jensen und Axel Engels Gäste eingeladen, die mit ihren eigenen Erfahrungen und Sichtweisen eine abwechslungsreiche Gesprächsrunde versprechen. Der enge Kontakt zu den Besuchern ermöglicht einen regen Austausch. Da gibt es genügend Raum für jeden, um sich in die interessanten Gespräche einzubringen.
Solch ein Angebot hatte es bis zur ersten Veranstaltung im Juni 2022 in Emsdetten bisher noch nicht gegeben. Mittlerweile haben die regelmäßigen Veranstaltungen beim Publikum und in der Presse als ein innovatives Veranstaltungsformat eine sehr positive Resonanz erfahren.
Konzerte mit Reidar Jensen und befreundeten
Musikern aus Emsdetten runden das Angebot ab.
Am 27.03.25 fand eine weitere Veranstaltung zum
Thema „Nachhaltigkeit“ statt.
Eine Kirche, die ernst genommen werden will, steht mitten im Leben und kümmert sich um die Sorgen der Menschen im Alltag wie auch nicht minder um die Zukunft einer immer schnelllebiger und flüchtiger werdenden Gesellschaft.
Das Projektteam hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, Nachhaltigkeit als eines der großen Themen unserer Zeit verständlich, anschaulich und ohne belehrenden „Zeigefinger“ in einem angenehmen Umfeld aufzugreifen. Als Referent konnte Dr. Peter Rohlmann als Marketingexperte und langjähriger Berater im Sportbusiness gewonnen werden. In einem spannenden und sachkundigen Vortrag führte er in das Thema „Nachhaltigkeit“ ein. Themenadäquate musikalische Stücke aus dem Repertoire von Reidar Jensen und seiner „Finest Acoustic Poetry“ untermauerten wieder die Programminhalte. Axel Engels moderierte die lebhafte Diskussion mit den Gästen.
Der Chefredakteur und Herausgeber von „EMSDETTEN GUIDE“, Robin Künnemann (RK) konnte im Anschluss an die Veranstaltung mit Dr. Peter Rohlmann (PR) und Reidar Jensen (RJ) ein Interview führen.
(RK): „Nachhaltigkeit“ ist in aller Munde.
Wie lautet eigentlich die Definition?
(PR): Nachhaltigkeit oder nachhaltige Entwicklung heißt, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden - also die Gestaltung des weltweiten wirtschaftlichen Fortschritts in Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und im Rahmen der ökologischen Grenzen der Erde (Definition von UN und BMZ)
(RK): Gibt es bestimmte Dimensionen von Nachhaltigkeit?
(PR): Ja, die gibt es:
religiös-ideologisch: Wahrung der Schöpfung
ökologisch: Umwelt- und Klimaschutz
wirtschaftlich: z.B. Produktion und Lieferketten, Managementkultur
sozial: u.a. Lebens- und Gesundheitsbedingungen
(RK): In der Tat, ein sehr umfassendes Spannungsfeld. Wie kann man den Bogen in unseren Alltag spannen?
(PR): Wenn man öffentliche Aussagen von Institutionen, aus Politik oder Medien hört, scheint Nachhaltigkeit etwas zu sein, dass uns allen selbstverständlich und logisch erscheinen muss und wir können uns daran halten. Im wirklichen Leben ist es aber nicht so einfach.
(RK): Woran liegt das?
(PR): Jeder Mensch hat einerseits einen eigenen Anspruch auf ein angenehmes Leben. Der Verbrauch begrenzter Ressourcen bedeutet andererseits begrenztes Leben auf der Erde: Umweltverschmutzung, Klimawandel, Ressourcenausbeutung. Die Erkenntnis ist da, dass Veränderungen notwendig sind, um unsere Zukunft zu sichern. Die Folgen sind zwangsläufig persönliche Lebensänderungen und Einschränkungen. Dennoch: Unser aller Verhalten im täglichen Leben steht in zahlreichen Fällen nicht mit den eigentlichen Erkenntnissen zu einer nachhaltigen Zukunft in Einklang. Nachhaltigkeit ist also ein Thema mit Widersprüchen – es wird Wasser gepredigt, aber Wein getrunken, das heißt individuelle Vorteile überlagern gesamtgesellschaftliche Erfordernisse.
(RK): Der Song “Angry Rain“ von Reidar, den er bei der Veranstaltung spielte, beschreibt meines Erachtens sehr gut diesen Widerspruch.
(RJ): Das stimmt. Er beschäftigt sich mit der ökologischen Dimension von Nachhaltigkeit und stellt die Frage nach unserem Verhalten. Der Klimawandel droht alle grünen Flecken auf Mutter Erde zu zerstören. Und ist aktuell die wohl größte Herausforderung für die Menschheit. Extremwetterereignisse werden sich häufen. Wassermassen werden in Strömen vom Himmel fallen und Verwüstungen anrichten. Wir zerstören unsere Umwelt und unsere Gesundheit gleich mit. Kriege um sauberes Wasser und Rohstoffe werden weiteres Leid bringen. Die Gefahren des „sauren Regens“ für die Wälder haben wir in der Vergangenheit ja schon kennengelernt, aber nun vollzieht sich alles Zerstörende in weit größerem Maße. Gelernt haben wir daraus wohl nicht so viel. Wir reisen immer noch über den Globus in Flugzeugen, deren Treibstoff „Kerosin“ die Atmosphäre zerstört. Mit einem Glas Champagner in der Hand und offenbar mit geschlossenen Augen für das, was wir dadurch anrichten. Was kann ich erwarten? Was kann ich tun? Wie kann ich den Strom aufhalten?
(RK): Im Vortrag wurde anhand des Beispiels „NIKE AIR Sneaker“ sehr eindrucksvoll der Weg vom Turnschuh zum Statussymbol erläutert und uns die vielen Aspekte der fehlenden Nachhaltigkeit und ökologische Sünden, vor allem in der Produktion dieses Schuhs, vor Augen geführt. Warum betrifft Nachhaltigkeit jeden Einzelnen von uns?
(PR): Nachhaltigkeit betrifft eben nicht in erster Linie sogenannte Großverdiener und die reichen Staaten als Umweltverschmutzer und Ressourcenausbeuter, sondern auch „normale“ Leute.
Nicht nur die gesellschaftliche Führung oder die Politik, sondern jeder Einzelne, kleine Gemeinschaften (Familie) oder Stadtgesellschaft können zum Beispiel mit ihrem Konsumverhalten sehr wohl vieles beeinflussen, um das Thema Nachhaltigkeit anzupacken und zu lösen.
Nicht nur wir als entwickelte Gesellschaft müssen die Probleme in den Griff bekommen, sondern wir müssen auch Unterstützung an unterentwickelte und autoritäre Gemeinschaften bieten, wo das Thema weder Priorität hat noch Akzeptanz findet. Wir brauchen einen gemeinsamen Zukunftsweg mit anderen Kulturkreisen in puncto Nachhaltigkeit!
Wir müssen auch unsere Einstellungen und Verhaltensweisen ändern und dabei erkennen: Nachhaltigkeit hat einen Preis. Wir dürfen nicht fortgesetzt unseren individuellen Vorteil als so wichtig betrachten und selbstverständlich davon ausgehen, dass der „wahre“ Preis unseres Konsums von anderen getragen wird.
Nachhaltigkeit wird – fälschlicherweise – zu oft auf rein finanzielle Thematiken reduziert und eine Verhaltensänderung durch Einsicht und Mentalität sowie Änderung von Routineverhalten viel weniger beachtet.
(RJ): Passend zu diesem Appell von Peter habe ich den Song „Your Life Needs A Change“ geschrieben: Viele Dinge im Leben können wir nicht ändern oder beeinflussen, ihnen sind wir gleichsam hilflos ausgeliefert. Aber wir tolerieren auch Dinge, die so nicht sein müssen.
Aus Angst vor Veränderungen vermeiden wir Herausforderungen. Wir hängen trotz Irritation unser Herz an vermeintlich Wichtiges und verschwenden unsere Energie und Kraft. Vielleicht wollen wir dies nicht sehen oder sind schon blind geworden für den negativen Einfluss der Gewohnheit. Wenn wir die Sinnlosigkeit solcher Strukturen erkennen, können wir unsere Sichtweise verändern und zu einer neuen Wahrnehmung gelangen. Dann gibt es auch Hoffnung auf Veränderung und wir können unsere Lebenssituation verbessern. Es sind manchmal die ganz kleinen Dinge, die etwas Großes bewirken.
Wir haben die Möglichkeit, unsere Zukunft selbst zu gestalten.
(RK): Ich bedanke mich ganz herzlich für dieses Gespräch.
Packen wir es an!